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So gelingt die erfolgreiche Betriebsübergabe
#Innovation

So gelingt die erfolgreiche Betriebsübergabe

Ljubisa Buzic
06 Dezember
4 min. read
Als Unternehmer:in in den Ruhestand zu gehen, ist nicht immer leicht. Soll man die Firma verkaufen oder in der Familie weitergeben? Und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Steuerberatungs-Expertin Annemarie Pippan und Finanzierungs-Experte Harald Baier erklären, wie der erfolgreiche Betriebsübergang gelingt.
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Das traditionsreiche Schuhgeschäft in der Innenstadt, der Dachdeckerbetrieb in zweiter Generation oder das selbst gegründete Kleinunternehmen – irgendwann müssen die meisten Firmeneigentümer:innen über eine Nachfolge nachdenken. Die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin Mag. Annemarie Pippan hat nicht nur persönliche Erfahrung mit dem Thema – sie hat 1984 die Kanzlei ihrer Mutter übernommen, die 1951 gegründet wurde – sie begleitet auch seit Jahrzehnten Betriebe durch diese komplexe Phase. „Dass die Mitarbeiter:innen weiter an einem Strang ziehen, dass die Kund:innen und Lieferanten erhalten bleiben und dass man eine Win-Win-Situation für Käufer:in und Verkäufer:in findet. Das sind wichtige Vorarbeiten des Steuerberaters“, erklärt Annemarie Pippan.

“Der eigentliche Erfolgt liegt in den sogenannten "Soft Facts". ”

Mag. Annemarie Pippan

Die Bank als Partner:in beim Betriebsübergang

Neben Käufer:in, Verkäufer:in und Steuerberater:in ist eine weitere Partei wichtig: die Bank. „Bei Übernahmen spielt die Bank eine große Rolle, weil häufig die Finanzierung eines Kaufpreises notwendig ist“, erklärt Harald Baier von der Kärntner Sparkasse. „Dafür haben wir unterschiedlichste Unterstützungsmöglichkeiten, von der i2b-Businessplan Initiative, der Startup Academy über diverse Vorlagen für die Vorbereitung. Außerdem beraten wir unsere Kund:innen bei den möglichen Förderprogrammen und übernehmen auch die Abwicklung in Richtung der Förderstellen.“

Denn bei aller Komplexität des Themas ist Baier überzeugt, dass sich ein Betriebsübergang für alle Beteiligten lohnen kann: „Einen Betrieb zu übernehmen ist ein großer Startvorteil für den/die Übernehmer:in. Es gibt in der Regel eine gewachsene Kundenstruktur, die mit übernommen wird und Mitarbeiter:innen, die das Unternehmen kennen. Darauf kann meist gut aufgebaut und der Betrieb mit neuen unternehmerischen Akzenten weiterentwickelt werden.“ Wie dieser Prozess ein Erfolg wird, haben wir uns mit den beiden Expert:innen angesehen:

10 Tipps für einen erfolgreichen Betriebsübergang

1. Prüfen Sie das Unternehmen auf Zukunftstauglichkeit

Die Gelegenheit, einen Betrieb zu übernehmen, kann verlockend sein. Vielleicht ist man bereits erfolgreiche/r Unternehmer:in und will expandieren. Oder man hat schon immer davon geträumt, eine eigene Firma zu führen. Annemarie Pippan rät, trotz der ersten Begeisterung, kritisch zu sein: „Die Käufer:innen müssen sich vorab Fragen stellen, wie: Hat dieses Produkt oder die Branche eine Zukunft? Was ist das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens, das ich kaufen möchte? Sind es die Mitarbeiter:innen, sind es die Patente oder die Kund:innen- und/oder Lieferantenbeziehungen?“, erklärt sie. All das sollte man bereits vor den ersten Gesprächen mit den Verkäufer:innen bedacht haben.

2. Sprechen Sie mit Ihrer Familie

Einen Betrieb zu führen, ist harte Arbeit. Dafür sollte man auch wirklich bereit sein, erklärt Annemarie Pippan. „Vor allem Jungunternehmer:innen, die sich selbstständig machen wollen, müssen fühlen, ob man für diese Entscheidung brennt.“ Neben der eigenen Motivation ist aber auch der Rückhalt der Familie wichtig, so die Steuerberaterin: „In der Euphorie wird oft vergessen, dass man auch auf die  Work-Life-Balance achten muss. Wenn das familiäre Umfeld nicht hundertprozentig dahinter steht, dann kann man es auf Dauer nämlich nicht schaffen.“  

3. Starten Sie rechtzeitig mit dem Prozess

Wann ist der richtige Zeitpunkt, mit einem Betriebsübergang zu starten? Möglichst früh, darüber sind sich beide Expert:innen einig. „Vor allem die Übergeber:innen haben Entscheidungen wie steuerrechtliche Fragen, familieninterne Regelungen etc. zu treffen“, erklärt Harald Baier. „Das benötigt Zeit und wird unterschätzt. Ein bis zwei Jahre davor mit den ersten Überlegungen zu beginnen, ist sicher sinnvoll.“

Annemarie Pippan rät Unternehmern sogar, sich noch früher Gedanken über die Zukunft der Firma zu machen: „In Wirklichkeit sollten alle Unternehmer:innen spätestens ab dem 40. Lebensjahr beginnen, das Unternehmen so zu führen, als ob es verkauft werden soll. Das Schlimmste, was ein Unternehmer machen kann, ist zu sagen: ‚Ich bin jetzt 60 und es muss eh nur für ein paar Jahre reichen‘.“

4. Holen Sie sich Unterstützung von Profis

Sobald es mit den Verhandlungen lostgeht, ist es an der Zeit, professionelle Unterstützung in Form eines Steuerberaters an Bord zu holen. Gemeinsam kann man nun auch die „Hard Facts“ angehen: „In den ersten Schritten sollte man als Verkäufer:in einerseits ermitteln, welche Wirtschaftsgüter zurückbehalten und welche Vermögensgegenstände übergeben werden sollten. Dabei ist auch zu klären, welche Schulden bzw. Verpflichtungen als Käufer:in übernommen werden; welche Steuern fallen mit dem Verkauf an? Welche Gestaltungsformen sollen angedacht werden?“

5. Treten Sie unbedingt gemeinsam auf

Einer der wichtigsten Momente bei einer Betriebsnachfolge ist die Mitteilung an die Mitarbeiter:innen und Geschäftspartner:innen. „Verkäufer:in und  Käufer:innen müssen die Mitarbeiter:innen gemeinsam informieren. Wichtig dabei ist, dass man als Verkäufer:in das eigene Team das Vertrauen, das in den/die Käufer:in gesetzt wird, auch spüren lässt und ihnen auch erklärt, warum man sich für diese Person entschieden hat.“

6. Reden Sie nie schlecht über den/die Verkäufer:in

In der weiteren Übernahmephase können immer noch grobe Schnitzer passieren, so Pippan: „In den Gesprächen sollte man auch bedenken, dass der ‚Sender‘ oft etwas anders meint, als dies vom ‚Empfänger‘ aufgenommen wird. Als Käufer:in sollte folgendes nicht gesagt werden: „Ich werde alles besser machen.“ – und das gar nicht böse gemeint. Das kann die weiteren Beziehungen nachhaltig belasten. Besser wäre die Formulierung: ‚Er hat sein Bestes gemacht, ich werde auch mein Bestes geben.‘“

7. Die Mitarbeiter:innen sind Ihr Kapital

Der Fachkräftemangel ist gerade ein großes Thema in Österreichs Wirtschaft. Daran sollte man auch bei der Betriebsübernahme denken. „In den allmeisten Fällen bilden unsere Mitarbeiter:innen ein wesentliches Asset, das es zu erhalten gilt. Deshalb stellen sich folgende Fragen:  Wie binde ich die ein? Beteilige ich die unter Umständen? Wann gehen sie in Pension? Sind das Schlüsselmitarbeiter:innen?“, betont Annemarie Pippan. „Man darf nicht unterschätzen, dass mit jedem Wegfall von Schlüsselkräften Fachwissen verloren gehen kann.“

8. Lassen Sie die neue Generation machen

„Wenn Kinder in das Unternehmen einsteigen wollen, sollte man die Gewissensfrage stellen: Ist die Übergabe an meine Kinder wirklich optimal, oder würden meine Kinder lieber ihre eigene Idee verwirklichen? Deshalb ist eine nicht verklärte Einschätzung ihrer Fähigkeiten immens wichtig. Also ehrlich hinterfragen: Sind die Kinder geeignet dafür und wollen sie es auch? Und dann in Gesprächen klären: Wie binde ich die die Familie des Jungen ein? Bin ich wirklich in der Lage ‚loszulassen‘? Kann ich die junge Generation als gleichwertigen Partner akzeptieren?“

9. Auch bei der Nachfolge gilt das Erbrecht

Bei der Unternehmensübergabe in der Familie sind auch die erbrechtlichen Folgen zu bedenken: Da geht es etwa um die Abfindung der anderen Kinder. „Und dass die weichenden Erben auf alle Fälle einen partiellen Erbverzicht bezüglich dem Unternehmen erklären. Partiell heißt: dieses Unternehmen wird nicht in die Berechnung für den jeweiligen  Pflichtteil eingerechnet“, so Pippan.

10. Die Übergabe endet nicht mit dem Verkauf

Auch wichtig: Dass der Verkaufs- oder Kaufprozess nicht mit dem Kaufvertrag endet, sondern da erst beginnt. „Als Verkäufer:in ist man verpflichtet, sich bei den Lieferant:innen und Kund:innen vorzustellen. Im Vertrag sollte auch ein Konkurrenzverbot stehen, so dass man sich als Verkäufer nicht plötzlich selbstständig macht und sich die besten Kunden wieder herausholt.“

Ihr Ansprechpartner bei Fragen rund um die Betriebsübergabe

Herr Harald Baier
Kärntner Sparkasse
9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 7
Tel.: 05 0100 - 30269

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