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Studie zum Weltfrauentag 2024: Finanzen zwischen Unabhängigkeit und veralteten Rollenbildern
#Soziales

Studie zum Weltfrauentag 2024: Finanzen zwischen Unabhängigkeit und veralteten Rollenbildern

08 März
03:00 min. read
Auch bei seiner 113. Auflage hat der Weltfrauentag nichts von seiner Relevanz verloren. Zu groß sind weiterhin die finanziellen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Welche kurz- aber auch langfristigen Folgen das für Österreichs Frauen hat, zeigt eine aktuelle, repräsentative Integral-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen anlässlich des heurigen Weltfrauentags.
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Eines ist den Österreicher:innen gemein: die Bedeutung der finanziellen Unabhängigkeit.

Die ist 94 Prozent der Befragten, ob Mann oder Frau, wichtig. Dass Frauen allerdings mit völlig anderen Rahmenbedingungen arbeiten, zeigen Zahlen der Statistik Austria. Im Jahr 2022 lag der Gender Pay Gap bei 18,4 Prozent, eine Verbesserung von 0,4 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Zu wenig, wenn man Ulrike Resei, Vorstandsdirektorin der Kärntner Sparkasse, fragt.

“Dass es in Sachen Geschlechterparität dermaßen langsam voran geht, macht deutlich, dass Frauen keine Zeit zu verlieren haben und ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen müssen.”

Ulrike Resei

Zusätzlich leisten Frauen 40 Prozent mehr an unbezahlter Care Arbeit. Die Folge: Der Gender Pension Gap lag 2022 bei 41,1 Prozent (2021: 41,6 Prozent). Wenig verwunderlich, dass Frauen deshalb 50 Prozent häufiger von Altersarmut betroffen sind als Männer. „Deshalb ist es so wichtig, die Altersvorsorge pro-aktiv anzugehen und aktiv etwas für sein späteres Ich zu tun“, sagt Ulrike Resei.

Einkommensunterschiede stellen Hürde für Pensionsvorsorge dar.

Die Frage nach dem durchschnittlichen frei verfügbaren Einkommen nach Abzug aller Fixkosten bestätigt das oben gezeichnete Bild: Liegen Männer (758 Euro) und Frauen (725 Euro) in der jüngeren Altersgruppe bis 30 noch vergleichsweise eng beieinander, geht anschließend bei den frei verfügbaren Einkommen nach Abzug der Fixkosten die Schere auseinander. So bleiben Männern in der Altersgruppe der 30 bis 49-Jährigen monatlich 996 Euro zur freien Verfügung über, Frauen lediglich 631 Euro - 37 Prozent weniger. In der Altersgruppe der 50 bis 69-Jährigen wird die Differenz zwar kleiner, aber auch hier haben Männer mit 839 Euro weiterhin deutlich mehr zur freien Verfügung als Frauen mit 617 Euro.

Die Auswirkungen dieser Einkommensentwicklung schlagen sich beim Thema Sparen und Vorsorge nieder. Sorgen bei den unter 30-Jährigen noch mehr Frauen (31 Prozent) als Männer (19 Prozent) für das Alter mit einer Pensionsvorsorge vor, ändert sich dieses Verhältnis bei den 30 bis 49-Jährigen eklatant. Hier sorgen deutlich mehr Männer (44 Prozent) vor, während die Zahl der Frauen mit 29 Prozent sogar sinkt. „Der Gedanke, selbst für die Pension vorzusorgen,
ist bei Frauen über alle Altersgruppen konstant präsent. Männer befassen sich dagegen erst damit, wenn sie monatlich mehr übrighaben“, so Resei weiter. Dementsprechend überrascht es nicht, dass Frauen der Pension pessimistisch entgegenblicken. Nur 29 Prozent bei den unter 30-Jährigen und 27 Prozent zwischen 30 und 49 Jahren fühlen sich gut für das Alter abgesichert. Zum Vergleich: Bei den Männern sind es 52, respektive 47 Prozent.

Veraltete Rollenbilder bei Finanzen in der Partnerschaft.

Zusätzlich erschwerend wirkt, dass das Finanzleben vieler Österreicher:innen noch immer von Rollenbildern früherer Zeiten geprägt ist. Danach gefragt, bei welchem Geschlecht sie die Verantwortung für die Erledigung von Dingen des alltäglichen Bedarfs sehen, geben 70 Prozent der Befragten an, diese seien Frauensache, nur 4 Prozent sehen diese Aufgabe als Männersache an. Auch die Gelderziehung wird in der Hand der Frauen (43 Prozent) und weniger bei den Männern (10 Prozent) gesehen. Umgekehrt, wenn auch weniger deutlich, wird das Thema Vorsorge, Veranlagen und Sparen eher als Männersache (33 Prozent im Vergleich zu 17 Prozent) wahrgenommen. Auch die Themen Versicherungen (46 Prozent), Mobilität (58 Prozent) und Finanzierungen (52 Prozent) werden laut den befragten Österreicher:innen deutlicher bei Männern als Frauen (11 bzw. 4 bzw. 5 Prozent) gesehen.

Diese klare Rollenverteilung hat auch Auswirkungen auf das Sparverhalten der Österreicher:innen. Während das Sparkonto bei Frauen (63 Prozent) und Männern (61 Prozent) gleichermaßen beliebt ist, nutzen deutlich mehr Männer (45 Prozent) alternative Veranlagungsformen, wie beispielsweise Wertpapiere, zum Ansparen als Frauen (30 Prozent) dies tun. Auch andere Veranlagungsformen wie Gold (19 zu 13 Prozent) oder Kryptowährungen (11 zu 4 Prozent) sind bei Männern gefragter. „Auch hier spielt die Einkommensdifferenz eine Rolle. Wer mehr zur Verfügung hat, kann diversifizierter veranlagen“, so Ulrike Resei weiter.

Mehr Einkommen ermöglicht Männern mehr Diversifizierung.

Männer (22 Prozent) erachten im Vergleich zu Frauen (6 Prozent) das Thema “Wertpapiere” als eher spannend. Ebenso stimmen signifikant mehr Männer (23 Prozent) der Aussage zu, dass Wertpapiere „alternativlos sind, wenn man sein Geld gewinnbringend anlegen will“, als Frauen (8 Prozent) dies tun. Aber: Unabhängig vom Geschlecht sind acht von zehn Österreicher:innen der Meinung, dass das Ansparen in Wertpapieren schon mit kleinen Beträgen Sinn macht. „Das ist eine positive Entwicklung. Geld beiseitezulegen und für die Zukunft vorzusorgen ist immer sinnvoll, auch mit kleinen Beträgen. Deshalb gilt es, das finanzielle Selbstvertrauen der Frauen zu stärken und die Vorteile alternativer Veranlagungsstrategien aufzuzeigen, wo auch mit kleineren Beträgen ein langfristiger Vermögensaufbau erzielt werden kann“, so Resei.


Nicht nur bei alternativen Veranlagungsformen, auch beim Thema Finanzen als Ganzes zeigen sich Frauen (22 Prozent) weniger interessiert als Männer (45 Prozent). Dementsprechend weniger gut kennen sich Frauen (13 Prozent, Männer 35 Prozent) bei Finanzthemen aus. Für Resei eine Thematik mit langer Geschichte: "Durch eine männerdominierte Finanzbranche in der Vergangenheit waren viele der Inhalte auf Männer ausgerichtet." Die Zahlen der Umfrage bestätigen das, denn während Frauen in Sachen Finanzen auf den persönlichen Kontakt setzen (81 Prozent), bevorzugen Männer Websites, Zeitungen oder Zeitschriften (68 Prozent). „Nicht nur die Beratung, auch die Finanzbildung muss persönlicher werden.“

She invests: Finanzbildung von Frauen für Frauen

Der Weg zur finanziellen Unabhängigkeit ist für Frauen ein steiniger, das bleibt auch 2024 weiterhin so. Nichtsdestotrotz scheint das Bewusstsein, die Finanzen in die eigene Hand zu nehmen, gestiegen zu sein, so Ulrike Resei abschließend: „Der Durst nach Finanzbildung, unabhängig vom Geschlecht, ist ungestillt“. Sie sieht die Finanzwelt jedoch in der Pflicht: „Wir müssen die Inhalte für Frauen interessanter machen und in ‚Safe Spaces‘ aufbereiten. Mit she invests haben wir eine Initiative geschaffen, die genau das tut“. In Webinaren und Panels werden Themen wie Budgetierung, Sparen oder Veranlagung und Vorsorge von internen und externen Expertinnen beleuchtet.

Zur Studie.

Erste Bank und Sparkassen beauftragten das Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL mit der Durchführung einer Umfrage anlässlich des Weltfrauentags 2024. Die Studie wurde von 8. bis 16. Jänner 2024 mit Online-Interviews (CAWI) durchgeführt. In der Befragung, die repräsentativ für die österreichische Wohnbevölkerung zwischen 18 und 69 Jahren ist, wurden die geschlechterspezifischen Unterschiede rund um Themen wie Geld im Alltag, Pensionsvorsorge, Interesse an Finanzthemen und die Vermittlung von Finanzbildung abgefragt. Insgesamt wurden 1.000 Online-Interviews geführt.

Disclaimer: Bitte beachten Sie: Das Veranlagen in Wertpapiere birgt neben Chancen auch Risiken.

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