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Naturschutz im Dialog: Ursachen und Auswirkungen des Artensterbens
#Biodiversität

Naturschutz im Dialog: Ursachen und Auswirkungen des Artensterbens

Adolf Winkler
03 März
03:00 min. read
In unserem exklusiven Interview mit Klimaforscherin Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb, einer renommierten Expertin auf dem Gebiet Umweltwissenschaften, beleuchten wir die Vielfalt der Natur und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen.
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Das neue Buch von Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb "Für Pessimismus ist es zu spät" ist eine Brandrede über Versäumnisse im Klimaschutz. "Das Bewusstsein für den Wert der Natur war verloren gegangen. Pessimistisches Jammern können wir uns nicht mehr leisten." Eine solche Aussage würde die Klimaschützerin auch ebenso erheben, wenn sie sich die Fakten internationaler Studien ansieht. Ihr Buch ist ein Versuch, zu zeigen, dass es auch anders geht. 

Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb erklärt uns in einem Interview, wie sie zum Artenschutz steht und welche Wertigkeit dieser für sie hat. 

Wie fällt Ihr Status global und national für die Biodiversität und für den Artenschutz aus?

HELGA KROMP-KOLB: Das Verständnis für die Bedeutung des Artenschutzes hat sich international sehr stark verbessert, und auch das Erfassen des Zustands. Aber dieser ist erschreckend. Die Ursachen für den Verlust der Artenvielfalt sind dieselben wie beim Klimawandel. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Entwicklungen, die das Klima bedrohen, sind im Grunde dieselben, die auch die Artenvielfalt bedrohen.

Wo sind Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Artenverlust besonders augenscheinlich?

Relativ gut verstanden sind die Auswirkungen des Klimawandels auf den Artenverlust. International steht der Klimawandel an dritter Stelle der Ursachen für den Artenverlust – nach Habitatverlust und Übernutzung von Pflanzen und Tieren. Aber mit der explosionsartigen Verstärkung des Klimawandels wird sich der Einfluss auf die Biodiversität immer weiter nach vorne katapultieren. Bei Übernutzung gibt es international wenigstens Versuche, diese einzudämmen. Die Wirkung des Klimawandels auf den Artenverlust ist besser verstanden als umgekehrt, und sie ist auch beträchtlich. Wenn zum Beispiel der Amazonas als Ökosystem kippt, dann wäre ein essenzielles Klimaelement zerstört.

Nach dem Assessment-Bericht des Weltbiodiversitätsrates sind in den nächsten Jahrzehnten eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Da kann die häufige Ausrede, „Sollen erst einmal andere etwas tun“ wohl nicht gelten?

Sicher nicht! Die Zahlen sind deprimierend, und man fragt sich: Wenn wir es so weit haben kommen lassen, schaffen wir es in der relativ kurzen verbleibenden Zeit, uns total umzustellen?

In Ihrem Buch kommen Sie am Ende von der Anklage zur Zuversicht. Sie haben eine Vision für das Jahr 2050 entworfen, in der Sie von einer Erwärmung von 1,5 Grad Celsius ausgehen – viel weniger als derzeit droht. Ein wichtiger Faktor für die Verbesserung ist demnach die Rücknahme der Prognose für das Wachstum der Weltbevölkerung: 2012 hatte man noch 11,2 Milliarden Menschen im Jahr 2100 erwartet, jetzt hat man das reduziert auf 10,2 Milliarden. Das würde Klima und Artenschutz zugutekommen?

Die Anzahl der Menschen ist einer der wesentlichen drei Faktoren, welche die Umwelt belasten, neben dem Lebensstil, den sie verwenden, und den Technologien, die sie dabei anwenden. Und diese drei Faktoren sind multiplikativ. Wenn die Anzahl der Menschen sich weniger stark erhöht, ist das eine positive Entwicklung, und sie passiert offensichtlich ohne drastische Maßnahmen wie etwa die chinesische Ein-Kind-Regelung. Das geschieht aber in der Dritten Welt. Unsere Aufgabe ist es, besonders die anderen beiden Faktoren - Lebensstil und Technikeinsatz - zu ändern.

“Das Bewusstsein für den Wert der Natur war verloren gegangen. Pessimistisches Jammern können wir uns nicht mehr leisten.”

Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb

Dazu sprechen Sie die saubere Energie an, die Besinnung auf regionale und lokale Produkte sowie die Bewusstseinsbildung der jungen Menschen, die auch die Wissenschaft als Verbündete hat.

Ja, es ist erfreulich, dass die Jungen aktiv sind und auch die Wissenschaft bereit ist, sich zu bewegen: Ja, wir müssen handeln!

Global gibt es auch positive Tendenzen, angetrieben besonders von jungen indigenen Menschen, den Pflanzen und Tieren einen individuellen Rechtsstatus einzuräumen.

Ich glaube, dass wir von den indigenen Völkern sehr viel lernen können. Den Subjektstatus von Natur halte ich für wesentlich. Ein Schritt in diese Richtung wäre die Anerkennung von Ökozid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das könnte ein wirksames Instrument gegen Regierungen und Unternehmen sein, die bewusst klimaschädlich agieren, indem die Verantwortlichen persönlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Ihr Buch endet motivierend für jeden Einzelnen mit den Worten: Pessimistisches Jammern können wir uns nicht mehr leisten.

Richtig! Veränderungen in der Klima- und Biodiversitätspolitik werden nicht von den Regierungen ausgehen, wenn wir sie nicht einfordern, u.a. durch die tagtäglichen Kaufentscheidungen. Zwiebel müssen nicht aus China kommen und exotische Haustiere leben besser in ihrer natürlichen Umgebung. Jede:r kann im privaten und im beruflichen Beiträgen leisten. Die notwendige Transformation schützt nicht nur Klima und Arten, sondern kann auch in eine bessere, gerechtere Welt führen mit höherer Lebensqualität. Der Einsatz lohnt sich!

Fotocredit: Mitja Kowal

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